Das Yorisa ist ein kleines, aber besonderes koreanisches Restaurant in Hamburg. Hier kocht Inhaber Yoon Seok Choi allein und sein Star auf der Speisekarte ist Bibimbap, eine koreanische Bowl aus Reis, vielerlei zubereitetem Gemüse, der scharfen Chilipaste Gochujang, fein geschnittenem, mariniertem Fleisch oder Tofu und einem Spiegelei. Ein Muss für alle Korea-Fans!
Auch wenn viele Deutsche das ostasiatische Land kaum kennen, begeistern sich inzwischen nicht nur Jüngere für koreanische Speisen. Anfangs stellt man erstaunt fest, dass diese Kost sich ziemlich von anderen asiatischen Küchen unterscheidet. Sie ist wesentlich deftiger und kräftiger im Geschmack und erhält durch fermentierte Lebensmittel wie Kimchi einen unverwechselbaren Geschmack.
Ohne Kimchi geht nichts
«Vor allem feuerscharfe getrocknete rote Chilis werden überall reichlich verwendet. Reis ist allgegenwärtig, genauso wie Kimchi», sagt Foodblogger und Autor Stefan Leistner aus Alzenau in Franken. Das durch natürliche Milchsäuregärung hergestellte scharf-säuerliche Gemüse darf bei keinem Mahl fehlen. Kimchi, Bibimbap, Bulgogi und andere Lieblingsgerichte in Korea werden inzwischen auch bei uns zubereitet.
Für die Kochbuchautorin und Foodbloggerin Jina Jung ist Koreas Küche «in erster Linie eine Familienküche und eine Küche des Teilens. Auf einem koreanischen Tisch gibt es neben der Suppe, dem Fleisch oder dem Fisch immer mehrere kleine Beilagen, die geteilt werden.» Inspiriert von den Rezepten ihrer Kindheit in Seoul und den Eindrücken ihrer Reisen durch Koreas Regionen zeigt die Wahlfranzösin in ihrem Kochbuch «Koreanische Küche» traditionelle und moderne Rezepte. «Man isst, um sich zu verwöhnen, ja, aber auch, um sich zu heilen. Jeder Zutat, jeder Suppe wird eine medizinische Wirkung nachgesagt», betont sie.
Auch Ae Jin Huys liebt das traditionelle koreanische Essen. Die Köchin mit südkoreanischen Wurzeln betreibt im belgischen Gent unter dem Namen Mokja! (koreanisch für «Lasst uns essen») einen Cateringservice und gibt Kochkurse. Ihre Kochbücher «Korea Küche» und «Kimchi» enthalten Rezepte für Beilagen wie eingelegten Knoblauch, gewürzten Spinat, gebackene Zucchini und Garnelenpuffer mit Frühlingszwiebeln oder Hauptgerichte wie geschmorte Makrele und mariniertes Rindersteak Sogogi Bulgogi.
Bap, Guk und Banchan
Eine koreanische Mahlzeit besteht aus Bap (gekochter Reis), Guk (Suppe) und verschiedenen Banchan (Beilage). Letztere können fermentierte, blanchierte oder anderweitig zubereitete Gemüse wie Kimchi, Rettich, Mungobohnen oder Gurken sein. «Das traditionelle tägliche Essen in Korea war kein schneller Happen oder eine Zubereitung, die den Magen füllte», berichtet Ae Jin Huys. Was auf den Tisch kam, war eine wohlüberlegte Auswahl von Gerichten auf der Grundlage ihres Nährwerts und der jeweiligen Zubereitungstechniken.
Unter den Banchan ist Kimchi ein fester Bestandteil jeder Mahlzeit. «Das fermentierte Gemüse spielt eine ganz wesentliche Rolle in der koreanischen Küche. Es ist eine hervorragende Beilage zu jedem Essen und damit wird auch gekocht», sagt Stefan Leistner. In seinem Kochbuch «Authentic Asian Food» und auf seiner Webseite «asiastreetfood» finden sich viele Rezepte wie Tongbaechu Kimchi aus Chinakohl und Rettich oder Kimchi Jjigae, einen Eintopf aus gut abgelagertem Kimchi zusammen mit Schweinebauch.
Baechu Kimchi aus Chinakohl weit verbreitet
Was außerhalb Koreas einfach Kimchi genannt wird, ist Baechu Kimchi. Dafür wird Chinakohl einige Stunden in Salzwasser eingelegt und die Blätter danach mit Knoblauch, Ingwer, weißem Rettich, roten Chiliflocken, Sardellenextrakt oder Garnelenpaste gewürzt. In einem Behältnis luftdicht verschlossen, beginnt dann die Milchsäuregärung und der Kimchi entwickelt seinen unnachahmlichen Geschmack und Geruch.
Das Land kennt jedoch unzählige andere Zubereitungen, die von Region, Klima und Jahreszeit abhängen. «Und jede Familie hat ihr eigenes Rezept», sagt Ae Jin Huys. Zum Fermentieren kommen Familien, Nachbarn oder Gemeinschaften zusammen und verarbeiten Unmengen Gemüse in wenigen Tagen zu Kimchi. Dieses kulinarische Ereignis wird Kimjang genannt und steht seit 2013 auf der Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes.
Fermentation, koreanisch Balhyo, sei das Erkennungsmerkmal dieser Landesküche, so Leistner. Die natürliche Haltbarmachung mit Bakterien, Pilzen und Hefen findet sich zwar in allen Kulturen, wird aber auf der koreanischen Halbinsel intensiv betrieben. Und nichts geht beim Kochen ohne Jang, einer fermentierten Gewürzpaste aus Sojabohnen, Wasser und Salz. Die Grundgewürze in Koreas Küchen sind die Sojabohnenpaste Doenjang, die Chilipaste Gochujang und die koreanische Sojasoße Ganjang.
Bibimbap als Soul-Food
«Unser Soul-Food sind Bibimbap und Korean fried Chicken. In Korea hat man immer Reis und einige Banchan im Kühlschrank», sagt Yoon Seok Choi und schwärmt: «Der Clou vom Bibimbap ist, dass ich Reis in die Schüssel tue, Banchan von der Mutter obendrauf, etwas Sesamöl und Gochuchang und fertig ist das Essen. Alles, was von Mutter kommt, ist das beste Essen.»
Bei ihm kommt keine Rohkost in die Bowl, das Gemüse ist blanchiert oder anderweitig verarbeitet. Choi legt Wert darauf, dass jede einzelne Komponente für sich gut abgeschmeckt ist, also auch allein gegessen werden kann. Ein Tipp: Wer das Bibimbap nicht zu scharf möchte, sollte sich die Chilipaste extra servieren lassen! Dann kann nach Gusto dosiert werden.
Auch Jina Jung nennt Hausgemachtes als Lieblingsessen. «Eine Schüssel koreanischer Reis, eine Schüssel gut gekochte Suppe oder Eintopf und Kimchi aus Kohl, wie es die Mütter zubereiten. Das ist das typische hausgemachte Essen, das wir alle kennen. Als Auswanderin in meinen ersten Jahren in Frankreich war es die Mahlzeit, die ich mir zubereitete, wenn ich nicht gut drauf war», erzählt sie.
Beliebt sind auch gebratene Nudeln aus Süßkartoffelmehl mit Gemüse und Fleisch, sogenannte Japchae. Oder verschiedene Arten von Pfannkuchen, zubereitet mit Gemüse, Fleisch oder Fisch. Für Kimbap werden gekochter Reis (bap) und weitere Zutaten wie eingelegter Rettich und Omelette in Algenblätter (Kim) gewickelt. Die in mundgerechte Scheiben geschnittenen Rollen sind vor allem in der Mittagszeit ein populärer Imbiss.
Würzige Salatpäckchen mit Bulgogi
Üppiger geht es bei Bulgogi, dem auch Feuerfleisch genannten koreanischen Barbecue, zu. Der Name Bulgogi ist nicht der Schärfe, sondern der Zubereitung auf offenem Feuer geschuldet. Rind- oder Schweinefleisch wird in Sojasauce, Sesamöl, Knoblauch und weiteren Zutaten mariniert. Am Tisch mit einer Schere in dünne Streifen mundgerecht zerteilt, wird es in koreanischen Restaurants auf in die Tische eingelassenen Gas- oder Holzkohlegrills zubereitet. Zuhause gelingt das in einem Wok oder einer Eisenpfanne.
Am Tisch wickeln alle ihre Portionen in ein Salatblatt und tunken sie in Ssamjang, einer scharfen Chili-Sojabohnen-Sauce aus Doenjang und Gochujang. Dazu genießt man Kimchi und andere Banchan. Dieses Essen hat Suchtpotenzial!