Gestatten, Bourbon! Maker's Mark zählt zu den Einstiegsklassikern des US-Whiskeys, ebenso der 1776 Straight Bourbon von James E. Pepper. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Zacharie Scheurer/dpa-tmn)

Im Gegensatz zu Scotch und Irish Whiskey hat Bourbon in Deutschland einen eher schweren Stand. Die meisten kennen den amerikanischen Whiskey in Mix-Drinks, allen voran mit Cola oder Ginger Ale. «Bourbon hat hierzulande nicht so einen Mythos wie schottische Whiskys oder Whiskeys aus Irland», sagt der Whiskey-Fachmann Gearóid O’Callaghan.

Dabei bietet auch Bourbon eine unglaubliche Vielfalt und eine tief verwurzelte Tradition. Gerade in Kentucky, wo sich die Destillerien häufen und whiskey-affine Touristen auf einem Bourbon-Trail dessen Kultur auf die Spur kommen können.

«Das glaubt einem keiner, der nicht dort war: In jedem noch so unscheinbaren Diner hast du gefühlt zehn Seiten Bourbon-Angebot auf der Speisekarte», erzählt O’Callaghan.

Mehr als Jim Beam

Hierzulande ist das Angebot im Handel meist nicht so groß, doch man kommt schon an Bourbons heran, die über den unvermeidlichen Jim Beam hinausgehen. Als Klassiker für den Einstieg empfiehlt O’Callaghan: Evan Williams, Buffalo Trace, Elijah Craig und Maker’s Mark. «Die sind alle ziemlich zugänglich und preis-/leistungsmäßig wahnsinnig gut.»

Das Besondere am Straight Bourbon sind die strengen Produktionsvorgaben. Mindestens 51 Prozent Mais müssen drin sein – das sorgt für den charakteristischen Geschmack und gibt eine gewisse Süße. Dazu kommen noch bei Bedarf Roggen, Weizen oder Gerste. Und Wasser und Hefe natürlich. Das war’s. Farbstoff etwa ist nicht erlaubt in der Produktion von Straight Bourbon.

Dem Holzgeschmack auf der Spur

Bourbon wird immer in neu ausgebrannten amerikanischen Eichenfässern gelagert. «Das gibt ihm einen ziemlich starken Holzgeschmack», sagt O’Callaghan.

Tipp: Dem Holzgeschmack, der nicht mit Raucharoma zu verwechseln ist, kommt man beim Trinken auf die Spur, indem man einige Tropfen des Bourbons in die Hand gibt und reibt, bis die Hände leicht zu kleben scheinen – dann ist der Alkohol verdampft, das Holzaroma aber bleibt. Das merkt man, wenn man die Hände zusammenhält und dazwischen hineinriecht. Ein Aha-Erlebnis!

Wer die süßen und holzigen Aromen nicht mag, für den sei es ein bisschen schwieriger, an Bourbon heranzukommen, sagt O’Callaghan. Er ermutigt aber, auch mal einen Bourbon pur zu probieren. «Ich trinke zum Beispiel gerne puren Eagle Rare zum US-Barbecue – das passt perfekt!»

Bourbon sei, ganz im Sinne des US-Lifestyles, «ein bisschen lässiger» als andere Whiskeys, sagt O’Callaghan. Die leichte Süße des Bourbons prädestiniert ihn zugleich für Cocktails. Also: Zeit für Drinks!

Diese zwei Bourbon-Cocktails sind O’Callaghans Favoriten:

– für den Sommer:

Mint Julep: Das ist der Signature-Drink des weltberühmten Pferderennens Kentucky Derby, das seit fast 150 Jahren in Louisville stattfindet. «Je wärmer das Wetter ist, desto besser schmeckt er», sagt O’Callaghan. Und so geht’s:

Zutaten: 5 cl Bourbon («am besten Woodford Reserve»), 1 Barlöffel (entspricht ca. 0,5 cl) Zuckersirup (Mischverhältnis 2:1), eine gute Handvoll Minzblätter, zerstoßenes Eis; nach Geschmack: Bitters und fermentierte Mispeln («Die sind nicht Teil des Originalrezepts, sondern ein Zusatz von mir.»)

Zubereitung: In einem Glas Minzblätter, gegebenenfalls die Mispeln, und Zuckersirup mit einem Stößel zerdrücken. Whiskey hinzugeben und das Glas mit zerstoßenem Eis auffüllen – alles mit einem langen Löffel gut verrühren.

Wer will, kann noch einige Tropfen Bitters aufträufeln, die man als alkoholische Würzzutaten für Cocktails beschreiben könnte. (Sie sind nicht zu verwechseln mit Magenbitter-Likören!)

– für alle Zeiten:

Continental Sour: Das ist ein Upgrade des Klassikers Whiskey Sour, bei dem noch Portwein ins Spiel kommt. «Mein Lieblingsdrink», sagt O’Callaghan. Nicht nur, weil er gut schmeckt – sondern weil er wegen des «Bluteinschlags» im Glas durch den Portwein auch optisch was hermacht.

Zutaten: 6 cl Bourbon, 3 cl Zitronensaft («Frisch gepresst!»), 3 cl Sirup aus braunem Zucker (Verhältnis 2:1), 1 Eiweiß, 1,5 cl Portwein, Eiswürfel; nach Geschmack: Bitters

Zubereitung: Alle Zutaten außer dem Portwein in einen Shaker geben und kräftig durchshaken. O’Callaghan rät: Einmal «dry», also ohne Eis, shaken. Dann Eis hinzugeben und noch mal shaken. Anschließend den Inhalt in ein mit Eiswürfeln gefülltes Glas abseihen. Nun gibt man vorsichtig den Portwein hinein, um dieses besondere Farbspiel und den Geschmackskick zu erzeugen. Auch hier gilt: Wer mag, gibt noch ein paar Tropfen Bitters dazu.

Prinzipiell funktioniert der Whiskey Sour auch ohne Eiweiß. O’Callaghan aber mag nicht darauf verzichten – wegen der schaumigen Krone, die das Eiweiß auf den Drink zaubert und die für eine besondere Textur sorgt. Für Eiweiß gibt es auch veganen Ersatz, etwa Kichererbsenkochwasser.

5 Tipps zum Cocktails machen

Für mehr Spaß beim Cocktails machen hat Gearóid O’Callaghan («The Whisky Jack») diese Tipps parat:

Abschmecken:

Ehe der gemischte Drink ins Glas kommt, fährt man mit einem Löffel hinein, streicht etwas vom Inhalt auf den Handrücken und leckt ab. Ist es zu süß, zu sauer, fehlt etwas? «Es ist immer leichter, nachzusteuern, wenn die Zutaten noch im Mixer sind, als wenn der Cocktail schon fertig im Glas ist.»

Shaken oder rühren:

Zur Beantwortung dieser Entweder-Oder-Frage gibt O’Callaghan eine Grundregel mit auf den Weg. «Man sagt: Wenn Alkohol und Alkohol vermischt werden, dann rührt man es, weil sie sich relativ leicht miteinander verbinden. Säfte und Alkohol etwa sollte man shaken, die muss man recht brutal miteinander mischen.»

Säfte frisch machen:

Zitronensaft für einen Sour etwa sollte man höchstens ein paar Stunden vorher zubereiten. «Es muss frisch sein, sonst kannst du es lassen», sagt O’Callaghan. «Eine gepresste Zitrone vom Vortag verliert so viel Aroma…»

Eigener Geschmack:

Rezepte sind ein guter Anhaltspunkt, aber am Ende ist Geschmack individuell. Deshalb rät O’Callaghan zum Ausprobieren: mal ein anderer Whiskey, mal ein anderer Saft, mal ein paar Bitters dazu. «Am Ende ist es wichtig, dass er dir schmeckt – es ist dein Drink!»

Das gilt auch in der Bar:

O’Callaghan: «Gute Bartender arbeiten für dich und mit dir. Sie machen dir deinen Drink und gehen auch auf deine Wünsche ein. Sie sollten ihre Erfahrung nutzen, um dich zu beraten, nicht um dich zu belehren.»

Von Tom Nebe, dpa