Keine halben Sachen: Für Vollkornmehl wird das Getreidekorn vollständig gemahlen, inklusive der Randschichten. Und genau in denen steckt viel Gutes für unseren Körper.
Die Bonner Ökotrophologin Gabriela Freitag-Ziegler erklärt im Interview, warum der Umstieg auf Vollkorn lohnt – und warum der Einwand «Vollkornbrot ist trocken, hart und man muss es ewig kauen» nicht gilt.
Warum ist Vollkornmehl denn gesünder als Weißmehl?
Gabriela Freitag-Ziegler: Bei einem Weißmehlbrötchen ist es so: Der Körper kann es direkt in seine Einzelteile aufschließen. Es gelangen also schnell Kohlenhydrate in Form von Zucker ins Blut, die aber auch schnell wieder verpuffen. Dann bekommen wir wieder Hunger.
Vollkornbrot hingegen hält länger satt. Denn es dauert, bis der Körper an die Bestandteile herankommt, die Energie bringen. Das ist für den Blutzuckerspiegel besser.
Entscheidend sind außerdem die vielen Mineralstoffe und Vitamine und die Ballaststoffe im Vollkornbrot. Ballaststoffe können nicht verstoffwechselt werden. Das heißt: Sie rutschen quasi durch den Magen und den Dünndarm bis in den Dickdarm. Dort sind sie willkommenes Futter für gute Mikroorganismen, die sich dann weiter vermehren.
Außerdem erhöht sich das Stuhlvolumen. Das bedeutet: Es ist einfach mehr drin im Dickdarm, was die Verdauung anregt.
Ingesamt kennt man heute viele weitere gesunde Effekte von Ballaststoffen aus Getreide. Sie können sogar das Risiko für Dickdarmkrebs senken.
Wenn ich mehr Vollkornprodukte in meine Ernährung einbauen will – in welche Fallen sollte ich nicht tappen?
Freitag-Ziegler: Wenn Sie in der Bäckerei ein Brot kaufen, sollten Sie immer nachfragen. Denn anhand der Optik allein können Sie ein Vollkornbrot nicht erkennen. Ein dunkles Brot muss nämlich nicht automatisch ein Vollkornbrot sein. Es kann auch einfach ein Weißmehlbrot sein, das färbende Zutaten wie Zuckerrübensirup enthält.
Und: Viele Brote haben Fantasienamen oder nennen sich Körnerbrot. Auch sie hält man schnell für Vollkornbrote, obwohl sie das nicht sind. In den Leitsätzen für Brot und Kleingebäck ist definiert, was Vollkorn bedeutet: Vollkornbrot oder -brötchen müssen mindestens 90 Prozent Vollkornmehl enthalten.
Ich finde es immer schade, wenn Leute sagen: «Vollkornbrot mag ich einfach nicht, das ist doch ein dicker Klotz aus aneinandergereihten Körnern, den man ewig kauen muss». Das muss nicht so sein. Es gibt zum Beispiel auch lockere Vollkornbrote aus ausgemahlenem Mehl ohne jegliche Körner.
Was muss ich beim Umstieg auf Vollkorn noch beachten?
Freitag-Ziegler: Wenn man vorher nur Weißbrote oder Graubrot gegessen hat, dann würde ich mit einer Scheibe Vollkornbrot am Tag anfangen. Gerade wenn man das Gefühl hat, dass die Verdauung darauf empfindlich reagieren könnte.
Was immer wichtig ist, wenn man viele Ballaststoffe isst: ausreichend trinken. Denn die Ballaststoffe brauchen entsprechend Wasser, damit sie im Darm gut aufquellen können.
Übrigens: Die einzelnen Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Roggen oder Einkorn unterscheiden sich zwar in ihren Inhaltsstoffen. Aber das Wichtigste für die Gesundheit ist nicht die Getreidesorte, sondern der Vollkornanteil im Brot.