Ob geräucherter Karpfen mit Rote-Bete-Würfeln oder Fischsuppe mit Weißkohl - Koch Stefan Griessler gibt jedem Fischgericht das gewisse Etwas. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Andreas Drouve/dpa-tmn)

Lukas Nagl ist eigentlich ein ruhiger Typ, doch manchmal bricht es aus Österreichs diesjährigem Koch des Jahres heraus: «Wir hatten niemals Hunger. Wir haben niemals Not gelitten. Wir sind zu einer Filetgesellschaft geworden.» Doch anstatt sich darüber zu ärgern, kreiert er das Besondere. Für ihn ist beispielsweise Fischhaut viel zu gut, um weggeworfen zu werden.

Besser noch: Er verarbeitet sie zu süchtigmachenden Chips. Dazu gart er die Haut kurz, befreit sie von allen Fleisch- und Tranresten, trocknet sie und brät oder frittiert sie schließlich.

Der Trick für die frittierte Fischhaut

Für ein gutes Gelingen verrät Nagl auch noch die entscheidenden Kniffe: «Die Haut wird zwischen zwei Backpapierstreifen gelegt und in einer Pfanne mit einer zweiten Pfanne darauf bei niedriger Hitze getrocknet. Anschließend wird die Haut in 180 Grad heißem Öl gebacken.»

Nagl gibt noch einen zusätzlichen Anstoß: «Dreht man mehrere Häute zu einer Rolle, friert sie ein, schneidet sie dünn auf und trocknet und frittiert sie danach, erhält man wunderschöne Fischhaut-Korallen.»

Die Schuppen von Zander, Barsch und Reinanken (in Deutschland eher als Renken oder Maränen bekannt) eignen sich laut Nagl ebenfalls hervorragend zum Frittieren. In seinem Erlebnis-Rezeptebuch «Der Fischer und der Koch» tischt der 35-Jährige einige dieser Überraschung auf.

Auch Stefan Griessler investiert viel Detailliebe in Teile vom Fisch, die andere wegwerfen. «Einen Karpfenkopf schmeißen viele weg, aber man kann coole Sachen draus machen», sagt der 30-jährige Koch, der ebenso wie Nagl im oberösterreichischen Traunkirchen kocht. Beide Köche animieren dazu, stets alles zu nutzen von Kopf bis Schwanz.

Karpfenkopf und Fischsuppe

Erstaunlich beim gekochten Karpfenkopf ist der Anteil an feinem Fleischinhalt, den man noch rausfischen kann. Stefan Griessler drapiert den Kopf am liebsten auf einem Bett aus «Reisfleisch», also einer österreichischen Variante von Risotto mit Paprika, Tomaten und Peperoni.

Auch andere seiner Kombinationen sind nicht alltäglich, wie etwa geräucherter Karpfen mit sauer eingelegten Zwiebeln auf einer kalten Knacker-Scheibe mit Rote-Bete-Würfeln. Fischsuppe kocht Griessler manchmal mit frischem Weißkohl, wozu er erklärt: «Wenn man das Kraut anbrät, bekommt das Ganze eine süßliche Note.» Sojasauce passe ebenfalls gut in Fischsuppe, befindet er und setzt hinzu: «Oder man richtet sie mit ungarischer Note mit Paprikapulver und frischen Paprika an.»

Karpfen für Sashimi

Ein weiteres Steckenpferd von Lukas Nagl ist roher Fisch. «Ich weiß nicht, wo das herkommt, dass man geglaubt hat, man kann nur Lachs oder Thunfisch roh essen», räumt er mit eingefahrenen Vorstellungen auf. Für ein Sashimi plädiert Nagl für den Karpfen, den er generell für «unterschätzt» und den «Zukunftsfisch für die ganze Welt» hält: «Er ist anspruchslos, vielseitig, sehr gesund und bei der Produktion C0-2-neutral.»

Ein Stück Karpfenbauch legt Nagl zwei Stunden in eine Lake mit drei Prozent Salz und einem Prozent Zucker. Dann: trocken tupfen, in Scheibchen von drei bis fünf Millimetern aufschneiden, Bio-Sojasauce dazu, fertig.

Mit heimischem Fisch ist man auch bei Franz Wiesmayr an der richtigen Adresse. Der 41-jährige ist Donaufischer und gelernter Koch aus Linz. Er schätzt den Flussbarsch, der bei ihm mindestens ein Dreiviertel Kilo schwer zu sein hat. Er steckt ihn in eine Salzkruste aus reichlich Meersalz, Eiweiß, Knoblauch und Kräutern – und schiebt ihn für 30 bis 40 Minuten in den 180 Grad heißen Ofen. Später heißt es: Salzkruste abklopfen, Balsamico-Tomaten-Vinaigrette und Salzkartoffeln dazu.

Anleitung zur Fischleberwurst

«Jeder Fisch ist ein Universum für sich», befindet Lukas Nagl und stellt in seinem Fischkochbuch ungewöhnliche Rezepte vor, etwa in Rotwein geschmorten Aal (siehe Rezept-Extra), Rollmops aus Forelle, Reinanke oder Saibling, Karpfentatar oder Fischleberwurst.

Bei letzerer halten sich die Zutaten in Grenzen: 200 g Fischleber (z. B. vom Hecht) sowie 200 g Toastbrot, Öl, Zwiebel, Butter, Knoblauch, zwei Eier, Gewürze und Preiselbeeren.

Und so geht’s: Die Leber in Öl kräftig anrösten und noch rosa beiseite geben. Danach die Zwiebeln, die Butter und den Knoblauch in die Pfanne geben und langsam goldbraun werden lassen. Den Toast in feine Würfel schneiden und ebenso zugeben. Eier hinzugeben und diese stocken lassen, bis sie sehr trocken sind. Dann alles mit der Leber nach persönlichem Belieben cuttern oder einfach grob lassen, mit den Gewürzen und den Preiselbeeren kräftig abschmecken und in ein Glas füllen.

Augen auf beim Fischkauf

Was immer man daheim an Gerichten ausprobieren will: Zunächst heißt es «Achtung beim Fischkauf», denn die Frische ist essenziell. Stefan Griessler stellt die wichtigsten Merkmale heraus: «Frisch ist der Fisch, wenn die Augen noch klar sind, nicht trüb. Die Kiemen müssen schön dunkelrot sein. Außerdem sollte der Fisch keinen klassischen Fischgeruch haben.»

Zusätzlich kann man einen Drucktest mit den Fingern machen. Oder den Verkäufer darum bitten, denn in Eigenregie dürfte man sich damit am Fischstand unbeliebt machen. «Wenn man drauf drückt, und es kommt wieder zurück, ist das ein gutes Zeichen, dass der Fisch elastisch und damit frisch ist», verrät Griessler.

Rezept: In Rotwein geschmorter Aal

Aal ist für Lukas Nagel der perfekte Fisch für Schmorgerichte: Er verträgt auch längere Hitze und bleibt dabei saftig, sein Fett schmilzt in die Sauce und macht sie herrlich üppig.
Für sein Kochbuch «Der Fischer und der Koch» hat er folgendes Rezept kreiert.

Zutaten:

1 kg Aal, am besten am Knochen
Salz, Pfeffer, Majoran
Olivenöl
20 g Kandiszucker
20 g Rotweinessig
10 g Butter
4 Schalotten
1/2 Stange Lauch (nur das Weiße)
4 Stangen Staudensellerie
250 ml Portwein (rot)
750 ml Rotwein
50 ml Kürbiskern-Shoyu oder helle Sojasauce
1 Knoblauchzehe
Pfefferkörner, Lorbeerblätter, Petersilienstängel

Zubereitung:

1. Den Aal in 3 bis 4 cm dicke Stücke schneiden, mit Salz, Pfeffer und Majoran würzen und mit etwas Olivenöl vermischen. In einen Topf geben und im Ofen bei 180 Grad Umluft für ca. 15 Minuten braten. Den Großteil des ausgetretenen Fetts abgießen, dadurch wird das Gericht bekömmlicher.

2. Für die Sauce den Kandiszucker in einer großen Pfanne oder einem Topf karamellisieren und mit dem Essig ablöschen. Die Butter zugeben und den Karamell darin lösen.

3. Die Schalotten in grobe Stücke schneiden, ebenso das restliche Gemüse. Alles zur Karamellbutter geben und etwas mitdünsten. Mit dem Portwein ablöschen und fast komplett einreduzieren lassen. Mit dem Rotwein ebenso verfahren.

4. Die übrigen Gewürze zufügen und für ca. 15 Minuten leicht köcheln lassen, bis das Gemüse weich ist.

5. Danach mit Salz, Kürbiskern-Shoyu, Knoblauch und Pfeffer abschmecken, den Aal hinzufügen und warm ziehen lassen. Eventuell in die Sauce noch etwas Butter einschwenken und am besten mit Kartoffeln servieren.

Literatur:

Lukas Nagl, Tobias Müller: «Der Fischer und der Koch. Die neue heimische Fischküche», Servus Verlag, 336 Seiten, 48 Euro, ISBN-13: ‎978-3710403361.

Von Andreas Drouve, dpa